Ich glaube, dem größten Irrtum, auch im Umgang mit Hunden, liegt zugrunde,
dass wir Menschen uns als die höchst entwickelten Wesen auf der Erde fühlen.
Damit entsteht der von uns gewünschte Status, etwas Besseres zu sein,
es ermächtigt uns fälschlich,
mit allem was uns umgibt nach unserem Gutdünken umzugehen.
Egal, ob wir unsere Umwelt willentlich zerstören,
Kriege gegen Menschen anderer Religionen führen oder eben auch
unsere Nutz- und Haustiere knechten und unterdrücken.
Wer oder was berechtigt uns zu der Annahme, über das Leben eines anderen zu bestimmen? Wir alle sind doch ein Teil des "Großen Ganzen";
Oder habe ich da etwas falsch verstanden?
Es macht mich immer wieder traurig, zu erleben, wie wenig Mühe sich Menschen geben,
sich in ein Gegenüber oder eine Situation hinein zu denken bzw. einzufühlen.
Ganz abartig finde ich das Verhalten,
die Fähigkeiten meines Gegenübers absichtlich ins schlechte Licht zu rücken,
um selber besser dazustehen und im Umkehrschluss,
mein oft unangemessenes Handeln diesem Lebewesen gegenüber zu rechtfertigen.
So ergibt sich für mich als schlimmsten, im Umlauf befindlichen Irrtum die Annahme,
Hunde hätten Machtansprüche und würden ihre Fähigkeiten nutzen,
um diesen Anspruch an eine "Alpharolle" dem Menschen gegenüber einzufordern
und zu jeder Zeit und mit allen Mitteln durchzusetzen.
Was für ein Quatsch!
Mir fällt dazu immer nur ein beliebtes Sprichwort meiner Großmutter ein:
"Alles, was ich selber denk und tu, traue ich auch den Andern zu!"
Ansonsten finde ich es schwierig, öffentlich über dieses sensible Thema zu schreiben
und halte mich, auf den Hund bezogen, so kurz wie möglich.
Denn ich vermeide es, so weit es geht, mich über dominante, beißende, aggressive Hunde zu äußern. Nicht weil ich Angst habe, falsch verstanden zu werden, sondern einfach, um diesem Schreckgespenst, dass in den Köpfen einer breiten Masse spukt, nicht noch mehr Raum zu geben.
Trotzdem halte ich es für eine dringende Notwendigkeit , Aufklärungsarbeit für den treuesten Freund des Menschen – den Hund – zu leisten.
Dieser hat bekanntlich keine Lobby und ist uns und unserem Handeln auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
Wie soll ein Wesen, dessen Verhalten dem eines dreijährigen Kindes entspricht, für
sich selbst sorgen, für sich Partei ergreifen, seine Rechte durchsetzen?
Nichts liegt ihm ferner als das, denn da mangelt es nicht nur an den sprachlichen Barrieren sondern auch daran, dass der Hund zu keiner Zeit unser Handeln auf Richtigkeit überprüft, bzw. als Falsch verurteilt. So wie wir Menschen es gerne tun.
Er fühlt sich nicht als etwas Besseres, noch weiß er um seine Rechte.
Vielmehr versucht er, durch sein Verhalten uns dazu zu bringen,
ihn doch einfach nur zu lieben.
Er möchte uns Gutes tun und fordert uns auf, ihm Aufmerksamkeit zu schenken.
Er bietet uns immer wieder neue Verhaltensweisen an,
um uns zu gefallen, bis hin zur Selbstaufgabe.
Sein Leben dreht sich darum, uns glücklich zu erleben und uns zu Gefallen zu sein.
Doch leider schaut, hört und fühlt der Mensch selten genug hin und macht sich wenig Mühe, seinen vierbeinigen Begleiter zu verstehen.
Daraus ergeben sich unweigerlich Missverständnisse: Viele Menschen deuten dieses Verhalten eher als Schwäche.
Da die Evolution es so eingerichtet hat, dass der Stärkere überlebt, scheint das ein Freibrief für den Menschen zu sein, sich auf Kosten des Hundes, des vermeintlich Schwächeren, zu profilieren.
Doch wer gibt uns das Recht, einem Gegenüber, der uns in Liebe begegnet, als Schwächling zu verurteilen und ihm ungebremst in die Seele zu springen und seinen Willen zu brechen,
damit er so lebt wie Menschen es für richtig erachten??
Habe ich nicht viel mehr die Verantwortung, so etwas Reines und Liebevolles zu schützen und zu behüten?
Warum kann ich es nicht genießen, dass mir etwas in Liebe begegnet?
Warum wittere ich immer Unheil und Verrat?
Macht es mir vielleicht Angst?
Angst vor Gefühlen, Angst vor Vertrauen, Angst vor Nähe?
Mir nicht – ich genieße es.
Es erfüllt mich mit Glück wenn sich ein Hund in unübersichtlichen Situationen vertrauensvoll an mein Bein schmiegt,
mir, wenn ich traurig bin, seine Nase auf den Schoß legt und mich zum spielen auffordert, nur um wieder glücklich sein.
Er erinnert mich zu jeder Zeit an die wirklich wichtigen Dinge im Leben und
hilft mir, sie zu leben.
Als ich das erkannt habe, wollte ich mein Leben ändern… die Welt verändern…
und stellte fest, dass mir genau in diesem Moment
meine Leichtigkeit im Leben verloren ging.
Die Leichtigkeit, die ich brauche, um flexibel zu sein, so flexibel, um in dieser
rauen und oft lieblosen Welt zu bestehen.
Mir nichts mehr daraus zu machen, wenn wieder mal einer sagt, dass ich merkwürdig bin, nicht in Selbstmitleid zu versinken, weil mich nicht alle lieb haben oder
nicht alle meiner Meinung sind.
Ja zu sagen, obwohl alle mit dem Kopf schütteln und Nein zu sagen,
wenn alle anderen auch von mir ein selbstverständliches Ja erwarten.
Es kostet manchmal viel Kraft und Mühe, sich aufzurichten und zum eigenen Handeln und Tun zu stehen, aber für meinen Hund ist es das Wert.
Alleine schon,
weil Liebe bekanntlich das Einzige ist, was sich verdoppelt,
wenn man sie teilt.
Und so lerne ich gerade, jeden so zu lassen wie er ist und
ihn da abzuholen, wo er steht, oder auch ihn stehen zu lassen,
wenn er nicht gehen möchte und erlebe und bewege damit die unglaublichsten Dinge.
Es öffnen sich Türen, die vorher verschlossen schienen, und vor allem begegnen mir Menschen, denen meine Art zu Denken und zu Leben nicht fremd ist.
Und das lässt mich hoffen,
hoffen auf eine Welt in der lieb zu sein nicht gleichzusetzen ist mit schwach zu sein und Stärke nicht Gewalt bedeutet.
Es finden sich Menschen zusammen, für die Liebe und Respekt keine Fremdwörter sind, sondern der Schlüssel für ein erfülltes Leben.
Ein Leben in dem alle Lebewesen das sind was sie sind – ein Stück vom
"Großen Ganzen", nicht mehr aber auch nicht weniger.
Katrin Bargheer im Februar 2013 (Gastartikel bei Friendship for dogs)